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Einige werden das Gedicht von Hermann Hesse kennen, in dem kein Baum den anderen sieht, weil es nebelig ist. Ebenso viele haben heute wahrscheinlich den "Bild"-Bericht auf Seite 9 mit der Überschrift "Gönnt man ihr die Liebe nicht?" gelesen und nicht mehr durchgeblickt.
Erst einmal erfährt man: Diese Frage stellt der Redakteur C. Perrevoort angeblich im Namen einer Mutter aus Hildesheim, die nicht allein sein wollte, als man ihr vor einer Woche ihre Kinder Jamie (9) und Aurelia (11) weggenommen hat. Nach den ersten beiden Absätzen stellt man sich dieselbe Frage wie der Redakteur.
Doch dann sieht man die Liebe nicht mehr. "Die 39-Jährige hat keinen Beruf, keinen Abschluss", schreibt der Redakteur, "ihr Stiefvater schlug sie", "der Vater der Kinder hat (sie) geschlagen, misshandelt und vergewaltigt". Schließlich verliert die bei "Bild" Hilfe suchende Mutter das Sorgerecht, ein anonymer Anrufer schwärzt sie beim Jugendamt an, weil sie angeblich ihre Kinder schlägt.
Trotzdem wirft C. Perrevoort alle Zweifel an der Mutter aus dem siebten Absatz, aber nur bis zum zweiten Satz: "Doch ihr Junge spricht kaum, hat Konzentrationsschwierigkeiten." Der dritte Satz lautet: "Das Mädchen soll laut Gutachten zu loyal gegenüber der Mutter sein, so dass es sich nicht frei entwickeln wird."
Okay, könnte man jetzt sagen, das ist typisch Jugendamt und Gutachter, die mögen enge Beziehungen zwischen Mutter und Kind nicht, es sei denn, sie finden etwas anderes, um einen Kindesentzug zu rechtfertigen, aber wo endet das Gutachten und wo beginnt die Einschätzung des Redakteurs?
Laut "Bild" Hannover leben die Kinder seit einer Woche in einer Wohngruppe bei Salzgitter. Immerhin: Man scheint sie nicht getrennt zu haben. Die Mutter kündigt die Einschaltung eines Anwaltes ein. Sie hat noch keinen? Trotz Sorgerechtsentzuges und Gutachten, das von einem Gericht in Auftrag gegeben worden sein muss?
Jugendämter neigen zu Unverständlichem. Aber: Muss ein Artikel darüber ebenfalls unverständlich sein?
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