Liebe Virginia, Deine kleinen Freunde haben nicht recht
Ich bin 8 Jahre alt. Einige von meinen Freunden sagen, es gibt keinen Weihnachtsmann. Papa sagt, was in der "Sun" steht, ist immer wahr. Bitte, sagen Sie mir: Gibt es einen Weihnachtsmann?
Ich bin 8 Jahre alt. Einige von meinen Freunden sagen, es gibt keinen Weihnachtsmann. Papa sagt, was in der "Sun" steht, ist immer wahr. Bitte, sagen Sie mir: Gibt es einen Weihnachtsmann?
Diese Frage
hat 1897 der beste Kolumnist dieser Zeitung beantwortet. Seine Antwort
erschien bis zur Einstellung der Zeitung im Jahre 1950 jedes Jahr zu
Weihnachten.
Virginia,
Deine kleinen Freunde haben nicht recht. Sie glauben nur, was sie sehen;
sie glauben, dass es nicht geben kann, was sie mit ihrem kleinen Geist
nicht erfassen können. Aller Menschengeist ist klein, ob er nun einem
Erwachsenen oder einem Kind gehört. Im Weltall verliert er sich wie ein
winziges Insekt.
Ja,
Virginia, es gibt einen Weihnachtsmann. Es gibt ihn so gewiss wie die
Liebe und Großherzigkeit und Treue. Weil es all das gibt, kann unser
Leben schön und heiter sein. Wie dunkel wäre die Welt, wenn es keinen
Weihnachtsmann gäbe! Es gäbe dann auch keine Virginia, keinen Glauben,
keine Poesie - gar nichts, was das Leben erst erträglich machte. Ein
Flackerrest an sichtbarem Schönen bliebe übrig. Aber das Licht der
Kindheit, das die Welt ausstrahlt, müsste verlöschen. Es gibt einen
Weihnachtsmann, sonst könntest Du auch den Märchen nicht glauben.
Gewiss,
Du könntest deinen Papa bitten, er solle am Heiligen Abend Leute
ausschicken, den Weihnachtsmann zu fangen. Und keiner von ihnen bekäme
den Weihnachtsmann zu Gesicht - was würde das beweisen? Kein Mensch
sieht ihn einfach so. Das beweist gar nichts.
Die
wichtigsten Dinge bleiben meistens unsichtbar. Die Elfen zum Beispiel,
wenn sie auf Mondwiesen tanzen. Trotzdem gibt es sie. All die Wunder zu
denken - geschweige denn sie zu sehen -, das vermag auch nicht der
Klügste auf der Welt. Was Du auch siehst, Du siehst nie alles. Du kannst
ein Kaleidoskop aufbrechen und nach den schönsten Farbfiguren suchen.
Du wirst einige bunte Scherben finden, nichts weiter. Warum? Weil es
einen Schleier gibt, der die wahre Welt verhüllt, einen Schleier, den
nicht einmal alle Gewalt auf der Welt zerreißen kann. Nur Glaube und
Poesie und Liebe können ihn lüften. Dann werden die Schönheit und
Herrlichkeit dahinter zu erkennen sein.
"Ist
das denn auch wahr?", kannst Du fragen. Virginia, nichts auf der ganzen
Welt ist wahrer und nichts beständiger. Der Weihnachtsmann lebt, und
er wird ewig leben. Sogar in zehnmal zehntausend Jahren wird er da sein,
um Kinder wie Dich und jedes offene Herz mit Freude zu erfüllen. Frohe
Weihnacht, Virginia.
Dein Francis Church.
Die zweite Weihnachtsgeschichte Hier klicken
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