Gott und die Kirchen: Nur noch sachliche Romanze
Der Kirche, ob evangelisch oder katholisch, ist der alte Chef abhanden gekommen. Über den wird in der Bibel berichtet, dass er fast die gesamte Menschheit vernichtet hat, weil sie in seinen Augen eine schlimme Entwicklung nahm, einige Menschen und Tiere aber rettete, dass er dem Anführer einer Flucht mit Verhaltensvorschriften auf einer Steintafel half, als seine Gefolgsleute anfingen, über die Stränge zu schlagen und gemaßregelt werden mussten, damit die Flucht aus Ägypten doch noch ein gutes Ende nehmen konnte, dass er einen gehorsamen Mann so lange gepiesackt hat, bis es an seiner Treue keine Zweifel mehr geben konnte, wofür er mit großem Reichtum belohnt wurde, dass er Kranke heilte, weil sie an seinen Worten nicht zweifelten, und dass er sogar einen Mörder mit dem Paradies belohnte, weil der zum Tode Verurteilte ihm zur Seite gesprungen war.
Da derlei nicht mehr geschieht, versuchten es die Kirchen mit einem neuen Chef. Doch der ist laut Erich Kästner vor etwa 100 Jahren auch schon wieder aus der Kirche ausgetreten. Der Dichter teilte mit: „Da hilft kein Zorn. Da hilft kein Spott. Da hilft kein Weinen, hilft kein Beten. Die Nachricht stimmt! Der liebe Gott ist aus der Kirche ausgetreten.“
Blieb die von Kästner 1928 beschriebene „sachliche Romanze“. Die gestaltet sich laut Thorsten Hoppe von der Burgdorfer Paulus-Gemeinde in der jüngsten Ausgabe des „Südstadtbriefes“ so: „Ich wiederum glaube nicht an eine Instanz, die Dinge spontan zum Guten wendet.“
Damit erübrigt sich die Frage, warum diese Instanz nicht einmal mehr eingreift, wenn sogar Kinder leiden, obwohl der alte Chef vor 2000 Jahren gesagt haben soll, dass Kindern das Himmelreich gehört, von dem Thorsten Hoppe zufolge nichts weiter geblieben ist, als ein Ort, an dem man wie Erich Kästner allein sitzt, kein Wort mehr spricht und „es einfach nicht fassen“ kann.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen