Donnerstag, 6. Oktober 2016

Tjaden tappt (170)

Latent-latenter-am latentesten?

Haben Sie das gestern auch gehört oder gelesen? Bei Radio Antenne gab es diese Meldung stündlich in den Nachrichten. Diese hier stammt aus der Online-Ausgabe der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung":

"Die deutschen Jugendämter prüfen immer häufiger, ob das Wohl eines Kindes in Gefahr ist. Wie das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden mitteilte, gab es im vergangenen Jahr rund 129.000 solcher Verfahren. Das entspricht einem Zuwachs von rund vier Prozent gegenüber dem Vorjahr. Von allen im Jahr 2015 eingeleiteten Verfahren bewerteten die Behörden rund 20.800 als akut. Das ist ein Anstieg gegenüber 2014 um 11,7 Prozent. Bei knapp 24.200 Verfahren erkannten die Jugendämter eine latente Kindeswohlgefährdung. In rund 43.200 Fällen lag diese nicht vor, es bestand aber Hilfe- und Unterstützungsbedarf. Dem gegenüber stehen rund 41.300 Fälle, in denen weder Gefährdung noch Hilfebedarf festgestellt wurden."

Vor acht Jahren hätte ich diese Meldung noch zur Kenntnis genommen. Wahrscheinlich hätte ich daraus geschlossen, dass wohl immer mehr Eltern ihre Kinder schlecht behandeln. Wenn ich nicht 2008 ein Fax bekommen hätte von einem Elternpaar aus dem Rheinland. Das war im Internet auf Berichte von mir gestoßen, fand die gut und dachte sich, dass man mich einmal auf ein neues Thema aufmerksam machen sollte.

Bei diesem Fax handelte es sich um eine Petition an das Europäische Parlament. Das Elternpaar erzählte mir, es wisse inzwischen, dass es solche Petitionen zuhauf gäbe. Rund 200 seien zu einer Sammelpetition zusammengefasst worden, weil das Europäische Parlament mit Klagen über deutsche Jugendämter sonst gar nicht mehr klar käme.

Ich unterrichtete den Oberbürgermeister des Wohnortes des Elternpaares. Der lehnte ein Gespräch mit mir ab, das Jugendamt ebenfalls. Ich besuchte die Eltern, die immer noch nicht begriffen hatten, warum ihre siebenjährige Tochter in ein Kinderheim gebracht worden war. 

Als Grund für den Kindesentzug behauptete ein Gutachter sexuellen Missbrauch des Kindes durch den Vater. Diese Behauptung hatte aber keinesfalls zu Ermittlungen der Staatsanwaltschaft geführt. Sie war also unbewiesen. Dennoch berief sich auch das Jugendamt auf diese Verdächtigung. Der Vater wurde also kriminalisiert. 

In Absprache mit den Eltern erstattete ich bei der zuständigen Staatsanwaltschaft Strafantrag gegen den Vater. Die Staatsanwaltschaft ermittelte und teilte mir Monate später mit, dass es nicht den geringsten Anhaltspunkt für sexuellen Missbrauch gäbe. Und: Bekamen die Eltern ihr Kind unverzüglich zurück? Nein.

In Protokollnotizen warnten sich Behörden gegenseitig vor Heinz-Peter Tjaden, der so was auch noch öffentlich mache. Irgendwann kam ich schon fast in jedem Schriftstück des Jugendamtes vor.

Der Gutachter, der dem Elternpaar die Geschichte eingebrockt hatte, verleumdete mich als NPD-Mitglied. Es meldeten sich weitere Betroffene. Mich rief ein Mann aus Süddeutschland an, der von diesem Gutachter als Satanist verleumdet worden war. Dieser Mann kannte diesen Gutachter überhaupt nicht, seine Frau war bei ihm gewesen, kurz vor Weihnachten, das Gespräch der Mutter mit dem Gutachter hatte keine Viertelstunde gedauert, schon stand sein Urteil fest, das er Gutachten nannte. Dieser Gutachter ist immer noch an allen Gerichten von Nordrhein-Westfalen als Experte für Familiensachen zugelassen.

Diesem Beispiel könnte ich unzählige hinzufügen. Immer wieder frage ich mich, was beispielsweise "latente Kindeswohlgefährdung" bedeuten soll. Wo beginnt, wo endet sie? Im Zweifelsfall endet sie beim Kindesentzug und wird zur akuten Kindeswohlgefährdung, weil Kinder unter dem Verlust ihrer Eltern leiden.

Dabei arbeiten Jugendämter durchaus mit einem Schema, das ich nur teuflisch nennen kann: Ein Kind wird morgens um 7 Uhr mit der Polizei aus der Wohnung geholt. Die Eltern brauchen Zeit, bis sie überhaupt erfahren, wo sich das Kind befindet. Manchmal erfahren sie es gar nicht. Die Eltern schalten einen Anwalt ein. Bis zur Anhörung vor Gericht vergeht wieder Zeit. Das Gericht benennt einen Verfahrensbeistand, der angeblich die Interessen des Kindes vertritt, ohne das Kind länger als ein paar Minuten gesehen zu haben. Das Gericht schaltet einen Gutachter ein, der sich mit jedem Betroffenen allenfalls 30 Minuten unterhält, ansonsten verlässt er sich auf Klatsch und Tratsch. Bei der nächsten Gerichtsverhandlung werden die Eltern vertröstet. Das Kind müsse erst einmal zur Ruhe kommen. Ist das Kind angeblich zur Ruhe gekommen, darf das Kind in seiner Ruhe nicht gestört werden. Es bleibt also, wo es ist. Wenn Eltern Glück haben, gewinnen sie den Kampf um ihr Kind nach Jahren.

Auch Krimi-Szenen sind möglich: Eine Mutter, die des Kampfes mit einem Jugendamt überdrüssig ist, kündigt gegenüber der Behörde ihren Umzug an. Sie bekommt einen Anruf. Das Jugendamt schlägt einen Treffpunkt vor. Dort bekommt die Mutter ohne Begründung ihre Kinder wieder.

Und wer berichtet auch über solche Fälle? Eine hervorragende Redakteurin der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", die Anrufern schon einmal zu verstehen gibt, dass sie sich gar nicht mehr um jeden Jugendamts-Skandal kümmern könne.

Wenn diese Redakteurin wie ich gestern die Online-Ausgabe ihrer Zeitung gelesen hat...

Das in dem Bericht erwähnte neue Kinderschutzgesetz, das einerseits eine eigentlich selbstverständliche Zusammenarbeit von Behörden und Gesundheitsberufen vorschreibt, wird andererseits von Kritikern aber auch schon als Schritt in einen Überwachungsstaat gewertet.

Wenn aber zukünftig verhindert werden könnte, dass beispielsweise eine Frau, die als Mitglied eines Leitungsteams in einer Einrichtung unzählige Familien zerstört hat, als Leiterin eines Jugendamtes in Hamburg wieder auftaucht, dann wäre das schon was. Zu dieser Familienzerstörung haben Jugendämter aus Niedersachsen nicht nur geschwiegen, sie haben sie erst möglich gemacht...Nur ein Jugendamt schlug die Warnungen nicht in den Wind.

Lesetipp: Das Jugendamt Wilhelmshaven

Sollte nun ein Jugendamt behaupten, dass ich Blödsinn verbreite, dann sollte diese Behörde auch erklären, warum mich Antje Vollmer 2009 um Mithilfe gebeten hat, als sie den Vorsitz in einem Bundestagsausschuss für die Aufarbeitung der nachkriegsdeutschen Heimgeschichte übernahm. Diese Hilfe bekam sie, ich bekam nach Abschluss der Ausschussarbeit ein offizielles Dankschreiben. Hier klicken  




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