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Donnerstag, 16. Juli 2020

Tjaden tappt (520)

Bei Rossmann bleibt man gesund.
Foto: Heinz-Peter Tjaden
Kaum Corona in Drogerie- und Supermärkten

Sie tragen keine Masken, sie fassen Waren häufiger an als alle anderen, sie drücken einem das Wechselgeld wieder in die Hand, sie haben also auch Hautkontakt, dennoch: Die Verkäuferinnen und Verkäufer in Drogerie- und Supermärkten stecken sich nur selten mit dem Corona-Virus an. Zu diesem Ergebnis kommt die Wochenzeitung "Die Zeit" in ihrer aktuellen Ausgabe bei einer Umfrage. 

Die Drogeriekette dm gibt an, dass von ihren 41 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bisher 0,1 Prozent positiv getestet worden seien, also ungefähr 40, Rossmann meldet 36 Fälle bei 33 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, wobei sich zwei während der Arbeit angesteckt haben sollen, Rewe und Kaufland versichern, dass die Zahl der infizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter dem Bevölkerungsdurchschnitt liegt (laut Robert-Koch-Institut 239 von 100 000). Auch Aldi Süd und Aldi Nord reihen sich in diese Supermärkte ein. 

Die "Zeit" stellt deshalb Fragen: "Wie ist die vergleichsweise gute Bilanz der Ketten zu begründen? Ist sie den Schutzmaßnahmen zu verdanken? Oder waren die Sorgen übertrieben?" Darauf werden in der "Zeit" viele Antworten gegeben. Eine lautet: "Es wurde zu sehr hochgepusht, wie schlimm Corona werden würde, auch von den Medien."


Samstag, 31. August 2019

Tjaden tappt (414)

So sieht das Kastensystem
"Pax Nexus" von Ikea aus. 
Der Gott der Kästen

27. August 2019. Bei Facebook werde ich jeden Morgen gefragt, was ich gerade mache. Heute lautet die Antwort: Ich begebe mich in eine andere Welt, die beim Schreiben erst entsteht. Der passende Titel ist mir noch nicht eingefallen. Der Arbeitstitel lautet "Der Gott der Kästen". Meine Geschichte beginnt so:


Ich spüre den Stich der Nadel. Mehr spüre ich nicht.

Ein Wesen, das wie ein Schrank aussieht, der nur aus Kästen besteht, beugt sich über mich. Der Himmel über mir ist dunkelrot, der Boden unter mir gibt nach, wenn ich mich zu schnell bewege. Das Wesen hält einen Apparat an einen der Kästen. Etwas auf diesem Kasten hebt und senkt sich.

„Willkommen“, sagt das Wesen mit einer einschmeichelnden Stimme.

„Wo bin ich?“, frage ich das Wesen und schaue zum Himmel, der nun dunkelgrün ist.

„Das erfahren Sie noch früh genug. Folgen Sie mir bitte.“

Das Gelände ist flach, ich gehe so schnell wie das Wesen, um nicht einzusinken, die Schuhe, die mir jemand angezogen hat, sind schwer. Deshalb tun mir schon nach wenigen Schritten die Beine weh.

„Sie müssen diese Schuhe leider tragen“, sagt das Wesen. „Sonst würden Sie schnell den Kontakt mit dem Boden verlieren und davonfliegen.“

Das, was sich auf einem der Kästen bewegt, sind die Lippen des Wesens, denke ich. Ist dieser Kasten sein Kopf?

Die Pflanzen, die aus dem flachen Gelände ein buntes Farbenmeer machen, weichen vor uns zurück und rücken wieder zusammen, sobald wir weitergegangen sind. Das Wesen spricht weiter in diesen Apparat.

Wie von Geisterhand entsteht vor uns ein Gebilde, das ebenfalls aus Kästen besteht, die Kästen sind in ständiger Bewegung, die Form des Gebildes verändert sich in großer Geschwindigkeit.

„Wir leben eigentlich unter der Scheibe“, sagt mein Begleiter. „Aber Gäste empfangen wir über der Scheibe.“

Wir betreten das Gebilde, in einem der Kästen schweben wir nach oben, der Kasten öffnet sich für einen zweiten Kasten, in dem ein Wesen auf uns wartet, das auf einem viereckigen Stuhl sitzt.

„Willkommen“, sagt auch dieses Wesen.

Dieses Wesen spricht ebenfalls in einen Apparat. Die Kästen, aus denen dieses Wesen zusammengesetzt ist, sind größer als die Kästen meines Begleiters und bunter.

„Erst einmal möchte ich mich für die Unannehmlichkeiten entschuldigen, die wir Ihnen möglicherweise bereitet haben. Wir werden alles dafür tun, dass Sie sich auf unserer Scheibe wohlfühlen.“

„Ich muss heute Abend zu einer dringenden Besprechung“, sage ich.

Der Kasten, den ich für den Kopfkasten halte, rückt in dem Kastensystem ein wenig nach unten. Ich habe das Gefühl, dass mich das Wesen so besser sehen kann.

„Machen Sie sich deswegen keine Gedanken. Sie werden genau in dem Moment wieder auf der Erde sein, in dem Sie die Erde verlassen haben. Das, was ihr Menschen Zeit nennt, kennen wir nämlich nicht.“

Alles in mir sträubt sich gegen diesen Gedanken, denn wo keine Zeit ist, kann sich auch nichts bewegen oder verändern. Da bin ich mir ziemlich sicher. Das Wesen errät meine Gedanken.

„Glauben Sie mir einfach. Ich führe sie jetzt ein wenig herum.“

Wir schweben mit dem Kasten durch das Gebilde. Die Schmerzen in meinen Beinen werden fast unerträglich. Das Wesen spricht in den Apparat. Seine Stimme klingt mitleidig.

„Wie dumm von mir“, sagt das Wesen. „Hier können Sie Ihre Schuhe ausziehen. Dann geht es Ihnen gleich besser.“

30. August 2019. Soeben als e-book erschienen. Hier klicken

31. August 2019. Nun auch als Print erhältlich. Hier bestellen

Dienstag, 4. Dezember 2018

Tjaden tappt (355)

Werbung in Zeiten des Internets

In der Münchener Journalistenschule lernen die Schülerinnen und Schüler gerade, dass viele Experten, die in den Medien zu Wort kommen, gar keine Experten sind. Einige Experten, die keine sind, beschweren sich deswegen bereits.

Aber von Werbung verstehen die Medien etwas. Auf meinen Leserbrief über vermeintliche Experten reagiert die "Rheinische Post" mit einer mail, in der mir mitgeteilt wird, dass mein Kommentar "fehlerhaft angekommen" sein soll. Doch was verbirgt sich hinter der angeblichen Fehlermeldung? Werbung für ein Drei-Monats-Abo. 

Die Tatsache, dass ich einen Leserbrief an die "Rheinische Post" geschrieben habe, scheint sich auch schon bis zur "Zeit" herumgesprochen zu haben. Die teilt mir mit, dass ich die Wochenzeitung vier Wochen lang kostenlos bekomme, wenn ich in der mir zugeschickten mail vier Fehler finde. 

Nun fehlt mir noch: eine mail von der "Rheinischen Post", dass es in der Münchener Journalistenschule keine Experten gibt, die in der "Zeit" zitiert werden könnten. 

Sonntag, 31. Dezember 2017

Tjaden tappt (242)

2017 ist nicht mehr zu halten.
In den Montag!

Inga Grömminger macht sich heute auf Seite 2 der "Berliner Zeitung" Gedanken über das Jahresende: "Manche sind froh darüber, weil es ein Mist-Jahr für sie war, es kann nur besser werden, hoffentlich. Andere werden melancholisch, weil alles so schön war und weil alles so schnell (ver-)geht." Dabei ist es ganz einfach: Heute ist Sonntag, morgen Montag. Sollte man sich inzwischen dran gewöhnt haben.

Uwe Steinschek kommt auf Seite 9 auf andere Gedanken: "Ich würde nicht so weit gehen und behaupten: Jeder, der knallt, hat einen Knall." Ich wohl, Knallfrösche ausgenommen. Den schönsten Jahreswechsel habe ich in Rumänien erlebt. Zu einer vereinbarten Zeit sollten alle im Dorf loslaufen, wer sein Haus nicht pünktlich verlassen hatte, musste einen ausgeben. 

Da Ceausescu den Rumänen den Strom wegen einer der damals üblichen Ölkrisen abgeschaltet hatte, erlebte ich zum ersten Mal, dass eine Nacht wirklich schwarz sein kann. Je näher Mitternacht rückte, desto häufiger verfehlten wir die Wege und torkelten in trockene Gräben. Vom Jahreswechsel bekamen wir nichts mehr mit.

Zur Ölkrise noch dies (bevor es Montag wird): Hier zu Lande gab es damals Fahrverbote. Waren das tolle Sonntage! Die ich in Mainz erlebte. Wir liefen auf der Straße in die City, Kinder spielten dort. Viele Deutsche begriffen zum ersten Mal: Füße kann man auch außerhalb eines Autos gebrauchen.

Sollten Sie dennoch weiterhin zu den Silvesterfans gehören wollen, dann überraschen Sie Ihre Arbeitskolleginnen und Arbeitskollegen am Dienstag doch einmal mit der Nachricht: "Ich hatte Sex mit einer Frau. Von 2017 bis 2018."  

Dienstag, 22. September 2015

Tjaden tappt (XXXXVIII)

Einfach umreißend.
Rahmenbedingungen als Orientierungsrahmen

Wir kennen ihn alle: den Zappelphilip aus dem "Struwwelpeter". Er wackelt so lange mit dem Stuhl, bis er umfällt, Halt suchend greift er nach der Tischdecke und reißt Suppenschüssel, Teller und Wein mit sich.

Der "Struwwelpeter" ist inzwischen 170 Jahre alt, wurde erfunden von dem Frankfurter Arzt und Psychiater Heinrich Hoffmann. Psychiater sind laut Ernst Jünger die Letzten, die etwas von Menschen verstehen. Dieses Dichterwort hat dieser Berufsstand aber bis heute nicht verstanden, wohl auch deshalb erfand er in den USA die Krankheit ADHS und Novartis 1954 ein Medikament, das viele von uns als Ritalin kennen.

So mancher Forscher entschuldigte sich inzwischen dafür, dass er diese Krankheit erfunden und der Pharmaindustrie einen neuen Markt eröffnet hatte, ein "Zeit"-Reporter machte einen Selbstversuch und stellte am 18. Februar 2009 fest: "Aus mir wurde ein Zombie." Ein Auszug: "Ich nehme also eine Pille, erst einmal zu Hause. Keine Viertelstunde, und meine Umgebung wird leicht heruntergefahren; ein Gefühl wie der Dämmerzustand frühmorgens, wie die konzentrierte Ruhe nach einem langen Kinobesuch. Die Dinge entwickeln eine seltsame Singularität: Ich sitze auf meinem Sofa und lese. Nach einer Weile merke ich, dass der Fernseher auf voller Lautstärke läuft – ich hatte ihn gar nicht gehört. Ich vergesse nicht, was um mich herum geschieht, es interessiert mich nur nicht mehr. Ich sehe die Dinge einzeln, eines nach dem anderen. Andere Drogen bewirken einen Rausch, Ritalin macht sehr nüchtern." Mit Risperdal allerdings sollte das laut Pharmaindustrie nicht passieren. Heimkinder schluckten das Zeug, Jugendämter notierten in Hilfeplanprotokollen: "Das Kind ist ruhiger geworden." Sie hätten auch notieren können: "Das Kind ist keins mehr, es ist ein Roboter geworden." Und als Erwachsener wahrscheinlich ein Drogensüchtiger...

2013 empfahlen Wissenschaftler aus den Niederlanden Sonne. In einer Studie stellten sie fest, dass ADHS in den USA weniger häufig vorkam, wenn die Sonne häufiger schien. Was in diesem Sommer auch in Großburgwedel häufiger vorgekommen ist. Eine ADHS-Selbsthilfegruppe gibt es aber trotzdem noch. Die veranstaltet heute in der Seniorenbegegnungsstätte einen Info-Abend mit einem Schulleiter.

In der Vorankündigung heißt es: "Kinder mit AD(H)S sind in besonderem Maße auf den haltenden Rahmen im Klassenverband und in der Schule angewiesen, wenn sie erfolgreich lernen sollen. Geeignete schulische Verhältnisse (z.B. bewegungsfreundliche Rahmenbedingungen oder ergonomische Arbeitsplätze) können zu einer Verbesserung der Aufenthaltsqualität im Lern- und Lebensraum Schule beitragen und zugleich einen Orientierungsrahmen bieten."

Diesen Text muss ein Pädagoge geschrieben haben. Pädagogen habe ich schon als Schüler nur selten verstanden, obwohl sie sich Lehrer nannten.
Die Tatsache, dass Klassen zu groß, Lehrer deshalb überfordert und viele Schulgebäude vergammelt sind, wird in diesem Text verschwiegen.


Werft endlich den ADHS-Stempel weg, den ihr Kindern aufdrückt, die von der Pharmaindustrie in Roboter verwandelt werden. Ihr seht doch, was ihr davon habt: An Universitäten ist Ritalin inzwischen eine Modedroge, die immer einsamer macht. Dann lieber ein Kind, das gelegentlich mit dem Stuhl umfällt... 

Anschau-bar

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